Georg Baselitz im Franz Marc Museum, was für ein Kontrast. Franz Marc tastet nach Harmonien in der Natur, in der auch die Tiere von der Aura heiler Schöpfung zeugen. Generationen später zeigen die Tiere von Georg Baselitz die Power seiner malerischen Pranke. Abstraktionen stellen die Kreatur auf den Kopf, statt ihrer Schönheit andächtig zu werden.
Und doch haben die zupackenden Dissonanzen von Baselitz und die sensiblen Zauberwelten von Marc das Ringen um Natur, Tiere, Landschaft, Heimat, Geschichte und Gesellschaft gemeinsam. Wucht und
Zärtlichkeit, sind sie nicht beide je nach Temperament „gedimmte“, je nach Augenblick und Kontext moderierte, gebotene, körperliche Kräfte des Künstlers?
Schon Franz Marc versuchte der Abstraktion des modernen Lebens von der Natur Bildvisionen von der Einheit aller Lebewesen entgegen zu stellen. Heute sind wir vielfach auch von der „zweiten Natur“, dem komplexen wie diffusen gesellschaftlichen Dickicht entfremdet. Haben und Funktionieren ist noch nicht Sein. So boomt Spiritualität wie zu Zeiten des Monte Verità.
Georg Baselitz versus Franz Marc – in dieser Disharmonie finden wir Kunst von damals wie heute gleichviel an den brisanten Schnittstellen unseres Lebens, zwischen Religion und Politik, Wirtschaft und Wissenschaft. Beide malerischen Philosophien legen den Pinsel in die Wunde. Walter Benjamin sprach vom „Kapitalismus als Religion“, worin der letzte Dinosaurier, der Konsument, in seinem gierigen Warenhunger alles zerstöre. Was bleibt anstelle, was kommt vielleicht nach der Zertrümmerung des kreatürlichen Seins?
Tier-, Natur-, Landschaftsstücke, nicht von dieser Welt? Wir laden alle Interessierten herzlich zur radikalen Diesseitigkeit von Georg Baselitz und Franz Marc nach Tutzing und Kochel ein.
Dr. Cathrin Klingsöhr-Leroy, Direktorin, Franz Marc Museum Kochel a. See
Pfr. Dr. phil. Jochen Wagner, Studienleiter, Evangelische Akademie Tutzing