KONFESSIONELLE SELBST- UND FREMDBILDER
Das bevorstehende Reformationsjubiläum 2017 hat auch ökumenisch neues Interesse für die Reformation erzeugt und vielfältige Diskussionen hervorgerufen. Namentlich in der römisch-katholischen Kirche wurde, statt nur die „Kirchenspaltung“zu beklagen und ihre Überwindung zu erhoffen, intensiv nach den positiven Impulsen der Reformation für den christlichen Glauben gefragt. Auch auf evangelischer Seite wird betont, dass das Reformationsjubiläum dieses Mal nicht im Geist konfessioneller Abgrenzung, sondern in ökumenischer Offenheit begangen werden soll. In dem bemerkenswerten Studiendokument „Vom Konflikt zur Gemeinschaft“ versuchen lutherische und römisch-katholische Kirche die Geschichte der Reformation gemeinsam zu erzählen und entwickeln Perspektiven für ein gemeinsames Reformationsgedächtnis.
Ökumenische Offenheit kann nicht nur bedeuten, dass den ökumenischen Partnern die Motive und Einsichten der reformatorischen Christenheit verständigungsoffen kommuniziert werden, sondern sie schließt auch ein Interesse an den Motiven und Einsichten der ökumenischen Partner ein. Und sie impliziert die Bereitschaft, eingespielte konfessionelle Selbst- und Fremdbilder wahrzunehmen und auf den Prüfstand zu stellen. Zu den weit verbreiteten Konfessionsklischees zählt nun auch die Gegenüberstellung: hier der Protestantismus als erneuerungsfähig, zeitgemäß, weltoffen – dort der Katholizismus als traditions-orientiert, rückwärtsgewandt, autoritätsfixiert etc. Wie steht es aber um Reform und Veränderung im Katholizismus?
Um diese Frage in ökumenischer Verbundenheit zu diskutieren, laden die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands und die Evangelische Akademie Tutzing zu der Tagung „Reform im Katholizismus. Traditionstreue und Veränderung in der römisch-katholischen Theologie und Kirche“ ein. Die Tagung wird zunächst grundsätzlich der Frage nachgehen, wie in der römisch-katholischen Kirche Kontinuität und Innovation austariert sind, welche Formen, Instanzen und Semantiken des Umgangs mit Diskontinuität sie entwickelt hat, wie sie Traditionstreue und Flexibilität miteinander zu verbinden versucht. Dies wird dann anhand ausgewählter Fallstudien illustriert. In einem öffentlichen Abendgespräch werden zudem LWB-Generalsekretär Martin Junge, Landesbischof Prof. Dr. Heinrich Bedford-Strohm und Reinhard Kardinal Marx über „Reform(ation) heute? Die Kirchen vor gemeinsamen Herausforderungen in einer sich verändernden Welt“ diskutieren.
Herzliche Einladung zum Diskurs in der Evangelischen Akademie Tutzing.
Udo Hahn, Direktor der Evangelischen Akademie Tutzing
Dr. Karl-Hinrich Manzke, Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Schaumburg-Lippe
Prof. Dr. Bernd Oberdorfer, Professor für Systematische Theologie an der Universität Augsburg
Dr. Oliver Schuegraf, Oberkirchenrat für Ökumenische Grundsatzfragen im Amt der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands