BUNDESWEHR, QUO VADIS?
Der fast schon absurde Fall eines Bundeswehrsoldaten, der sich als syrischer Flüchtling getarnt hat und eventuell einen rechtsterroristischen Anschlag vorbereiten wollte, hat die Debatte um Rechtsextremismus in der Bundeswehr wieder aufleben lassen. Weitere Verdächtige geraten ins Blickfeld, in Kasernen bringen Inspektionen Wehrmachtsdevotionalien ans Licht, schon ist von braunem Sumpf die Rede, und dies zu einem Zeitpunkt, in dem bereits Mobbing- und Missbrauchsvorfälle das Ansehen der Truppe beschädigt haben.
All das erzeugt ein gewisses Déja-vu, man denke zum Beispiel an die neunziger Jahre: Soldaten, die mit Reichskriegsflagge und anderen Nazi-Symbolen posieren, ein Vortrag des Rechtsextremisten Manfred Roeder bei der Führungsakademie, Hasstiraden gegen die Wehrmachtsausstellung usw.
Und doch ist die Bundeswehr seither eine ganz andere geworden. 1999 beteiligte sich die Bundesrepublik erstmals direkt an einem Krieg, dem Kosovo-Krieg, und seither muss sich jeder dienende Soldat mit der nicht mehr nur theoretischen Möglichkeit von Auslands- und Kriegseinsätzen beschäftigen. Frauen haben in der Bundeswehr Einzug gehalten, aber die wohl gravierendste Änderung ist die Aussetzung der Wehrpflicht seit 2011.
Haben die jetzt nicht zuletzt von der zuständigen Ministerin konstatierten Schwächen in „Haltung“ und „Führung“ der Bundeswehr etwas mit diesen Entwicklungen zu tun? Wird in der Truppe neben dem Dienst an der Waffe ausreichend Werteerziehung und Bildungsarbeit geleistet? Ist der Staatsbürger in Uniform ein praktisch gepflegtes Ideal?
Die rechtsextremistischen Vorfälle legen nahe, dass es einiges nachzuholen und zu verbessern gilt. Darüber wollen wir mit Verantwortlichen und Experten reden, die die akute Situation analysieren, aber auch Perspektiven und Reformansätze aufzeigen können. Herzliche Einladung in die Evangelische Akademie Tutzing „aus aktuellem Anlass“!
Dr. Ulrike Haerendel, stellv. Direktorin, Evangelische Akademie Tutzing
Udo Hahn, Direktor, Evangelische Akademie Tutzing